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Thursday, October 6, 2011

Kleine Boxen - großer Sound?



Wozu kleine Boxen?

Aus vielerlei Gründen: Nicht jeder hat Platz für 1,5m Standboxen, bzw. will sich nicht solch "hässliche" Dinger in sein farblich abgestimmtes Designwohnzimmer stellen. Viele Lautsprecherdesigns sind leider nach wie vor eher konservativ: Eckige Schachteln in Buche, Kirsche,... oder schwarz! Da lobe ich mir Hersteller wie Parrot, die mit ihren Zikmus zeigen, dass auch ungewöhnliche Formen und Farben funktionieren können.
Auch sind kleine Lautsprecher besser handzuhaben als große. Ich will meine Musik nicht nur immer steif im Sweetspot im Wohnzimmer hören, sondern ich will meine Musik auch mal in die Küche mitnehmen, ins Bad, in den Garten und in den Urlaub, oder zu Freunden usw.
Irgendwo gibt es natürlich immer Grenzen. Eine kleine Box kann nie so gut klingen wie eine große. Doch wo sind die Limits, was ist machbar oder was macht überhaupt Sinn?

Eine allgemeingültige Regel besagt, dass großer Klang (sprich die Wiedergabe tiefer Frequenzen) auch großer Lautsprecher bedarf. Im Grunde genommen stimmt das auch, denn langwellige Schallwellen benötigen auch großer Membranen, die einen genügend großen Hub vertragen müssen, um überhaupt tiefe Frequenzen in entsprechend hoher Amplitute abgegeben zu können.
Damit sich tiefe Frequenzen, die von den Membranen nach hinten phasenverkehrt abgegeben werden, nicht mit den nach vorne abgegebenen wieder auslöschen (man spricht hierbei vom akustischem Kurzschluss), müssen Lautsprechergehäuse üblicherweise auch so gebaut werden, um gewisse Anforderungen an die Akustik zu erfüllen. Die nach hinten abgegebene Energie wird im Gehäuse vernichtet, dafür müssen die Gehäuse auch entsprechend groß und tief sein.

Irgendwann wurde dann begonnen diese verlorene Energie zu nutzen, indem man mittels einer Bassreflexröhre die tiefen Frequenzen wieder (mehr oder weniger) phasengleich dazumischte. Die Bassreflexröhre muss sowohl in der Länge als auch im Durchmesser ans Gehäuse angepasst berechnet werden. Kompakte Gehäusegrößen erlauben jedoch keine Bassreflexröhre, da diese sonst zu lang wäre. Bose behauptet z.B. herausgefunden zu haben, dass die Form der Röhre keinen Einfluss auf das Endergebnis hat und sie sich durchaus verbogen durch das ganze Gehäuse schlängeln kann, um auf die richtige Länge gebracht zu werden. Diesen Typ, den Bose auch patentiert hat, nennen sie "Waveguide", obwohl Hornlautsprecher nach ähnlichem Prinzip arbeiten. Das bekannteste Gerät von Bose ist deren Waveradio, das aus einem Kästchen mit etwa CD-Player- oder Videorecordergröße eine relativ tiefreichende Basswiedergabe erlaubt, und von Bose selbst als "Klangwunder" beworben wird. Im inneren schlängeln sich die Waveguides, die den relativ kleinen Treibern im Bassbereich den nötigen Kick geben.
Prinzip und Aufbau einer Waveguide (c) Bose


Bei noch kleineren Lautsprechern wäre eine Bassreflexröhre oder selbst eine Waveguide zu groß bzw. zu lang. In diesem Fall greifen Lautsprecherhersteller neuerdings auf Passivmembranen zurück, auch Passivradiatoren genannt, die wie eine zusätzliche Membran fungieren, jedoch nur die Energie der Hauptmembran nutzen und keinen eigenen aktiven Antrieb besitzen.

Neben einigen akustischen Nachteilen sowie dem komplexeren Aufbau im Vergleich zu Bassreflexgehäusen, haben Passivradiatoren einen großen Vorteil: Sie sind selbst bei kleinsten Gehäusen sowie Gehäusetiefen möglich. Der kleinste mir bekannte Lautsprecher mit Passivradiator ist der FoxL von Soundmatters, der bei Schokoriegelgröße eine deutlich vollere Klangwiedergabe ermöglicht, als andere ähnlich kompakte geschlossene Lautsprecher.
Passivradiatoren werden durch Zugabe von Masse auf die richtige Frequenz gestimmt. Im Falle vom FoxL muss aus Platzgründen diese Funktion der verbaute Akku übernehmen, der flexibel in einem Gummimantel aufgehängt ist und so als "moving wall" die Radiatorfunktion trägt. Soundmatters hat diesen Typ patentiert und nennt ihn nebenbei auch "Bassbattery".

Zusätzliche Möglichkeiten zur Optimierung bieten sich seit der digitalen Klangverbarbeitung. So kann ein DSP beispielsweise je nach Lautstärke immer die maximale Auslenkung der Membran steuern, um bei allen Lautstärken die bestmögliche Basswiedergabe zu gewährleisten. Hifi-Puristen verdammen zwar solche Ansätze, aber Bose hat bereits in den 70er Jahren einige Lautsprecher per Equalizing auf den richtigen Klang hin optimiert. Gerade bei sehr kleinen Lautsprechern, die akustisch bereits am Limit gebaut sind, sind digitale Klanganpassungen durchaus begrüßenswert, wie ich finde. Manche digitale Algorithmen gehen sogar soweit, dass sie die Basswiedergabe psychoakustisch beeinflussen. Waves' Maxxbass z.B. fügt dem Musiksignal im Bassbereich künstliche Obertöne hinzu, ohne wirklich den Pegel vom Bass zu erhöhen. Die Lautsprechermembran bekommt von der virtuellen Basserhöhung nichts mit, nur das menschliche Ohr hört die tieferen Töne, die es in Wahrheit gar nicht gibt. Das Prinzip von Maxxbass beruht auf der Eigenschaft des menschlichen Gehörs, das einen Grundton automatisch ergänzt, wenn bloß die oberen Harmonischen vorhanden sind. Wie gut das funktioniert, muss jeder für sich beurteilen. Ich habe mich längere Zeit mit den Algorithmen von Waves gespielt, und fand bei gemäßigten Einstellungen das Ergebnis durchaus verblüffend, bei stärkeren Eingriffen waren natürlich Artefakte zu hören. Auch SRS Labs bietet ihre eigenen ähnlichen Algorithmen an.

All diese Prinzipien können in aufeinander abgestimmter Form eingesetzt, auch kleinen Lautsprechern zu deutlich mehr Power verhelfen. Natürlich wird ein Lautsprecher mit 4cm Membran nie dieselben Pegel wie ein Standlautsprecher erreichen, was aber auch gar nicht nötig ist. Jedenfalls können kompakte Lautsprecher derart optimiert deutlich reifer klingen als viel größere "einfach" aufgebaute Lautsprecher.
Einige Lautsprecherhersteller wenden solche "Tricks" bereits erfolgreich an. Altec Lansing hat Maxxbass in einigen ihrer Lautsprechern integriert (unter anderem im Soundblade). Audyssey verwendet ganz eigene Technologien, wie z.B. BassXT, ABX, dynamic EQ usw, für ihre Produkte.



Ein Lautsprecher, der mit besonders imposanten Klangeigenschaften bei kleinsten Maßen beeindruckt, ist der Computer MusicMonitor von Bose. Es handelt sich dabei um ein aktives Lautsprecherpaar, wobei ein einzelner Lautsprecher kleiner als eine Coladose ist. Die Lautsprecher sind als Computerlautsprecher konzipiert und verfügen nur über einen einzigen Aux-Eingang mit 3,5mm Klinke. Viele verwenden sie jedoch auch als Ersatz bzw Zusatz zu ihrer Hifi-Anlage, manche verwenden sie sogar auf Reisen, da sie zusammengepackt und in einer extra erhältlichen Tasche nicht viel größer sind als eine Kosmetiktasche.

Das Besondere an den MusicMonitors ist ihre natürliche und runde, und vor allem für ihre geringe Größe im Bassbereich druckvolle Wiedergabe, wodurch sie durchaus größere übliche Boxen ersetzen können. Natürlich darf man sich keinerlei Subwoofer-Bass erwarten, aber die MusicMonitors geben alle Frequenzen wieder, um Musik trotz kleinster Größe so angenehm und natürlich wie möglich zu ermöglichen. Ich bin jedes mal aufs neue überrascht, wie gewaltig die kleinen Böxchen aufspielen, sogar bei höheren Lautstärken.

Innerer Aufbau der MusicMonitors

Bose wendet natürlich gewisse Tricks an, um einen derartigen Klang aus den kleinen MusicMonitors zu holen. Da wäre zuerst die Bose-eigene Klangbearbeitung, die je nach Lautstärke in den Frequenzverlauf eingreift. Vor allem bei hohen Lautstärken wird die Basswiedergabe etwas stärker unter Kontrolle gebracht, was jedoch hilft sogar bei maximaler Lautstärke (die für die Größe durchaus beachtlich ist) jegliche Verzerrungen zu vermeiden. Da kracht und wummert nichts, und die MusicMonitors können sogar bei maximaler Lautstärke problemlos betrieben werden und klingen auch da noch gut.
Positiv auch, dass die Lautsprecher genauso bei leisen Lautstärken durchaus voll mit genügend Bauch im Bassbereich spielen. Auch da optimiert Bose den Klang auf die Unzulänglichkeiten des menschlichen Gehörs hin, das bei leisen Lautstärken tiefe sowie hohe Töne deutlich leiser wahrnimmt als bei höheren Lautstärken. Ähnlich wie bei einer Loudness-Schaltung, kompensiert auch Bose die tiefen Töne bei leisen Lautstärken, was für einen kraftvolleren Klang selbst bei Flüsterlautstärke sorgt.

Passivradiator-Einheit im Detail
Der eigentliche Trick ist jedoch trotzdem rein akustischer Natur, denn die MusicMonitors verwenden für die Basswiedergabe zwei sich gegenüberliegende Passivradiatoren, die die Energie der Hauptmembran nutzen und für zusätzlichen Schub im Bassbereich sorgen. Dank des doppelten Aufbaus minimieren sie nicht nur die Weitergabe von Vibrationen an das Gehäuse, sondern vergrößern auch die Membranfläche. Das Ergebnis all dieser "Tricks" ist ein erwachsener Klang, der durchaus Spaß macht und Musik lebendig und mit genügend Power präsentiert.

Ich habe bisher noch keine Lautsprecher ähnlicher Größe gehört, die besser geklungen hätten. Kleine Boxen, großer Klang also...